Martin Gollmer
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Themen - Schweiz / Europa


21-11-2009 | Wahl auf EU-Spitzenposten löst gemischte Gefühle aus


Der Belgier Herman van Rompuy ist der neue EU-Präsident. Die Britin Catherine Ashton wird Hohe Vertreterin der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik.

Die Berufung der beiden in Europa und international bei breiten Kreisen unbekannten Herrman Van Rompuy und Catherine Ashton auf die Top-Jobs der Europäischen Union (EU) ist keineswegs nur eine schlechte Wahl. Unbefriedigend ist allerdings, dass der EU damit weiterhin ein populäres Aushängeschild fehlt, wie es etwa der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jacques Delors war. Der Franzose verkörperte durch klare Worte und energische Taten wie lange kein zweiter vor ihm und nach ihm den europäischen Einigungsgedanken. Mit der von ihm wesentlich vorangetriebenen Vollendung des Binnenmarkts sowie der Wirtschafts- und Währungsunion mit einheitlicher Währung setzte er bleibende Wegmarken im europäischen Integrationsprozess. Die Europäische Union, die vielerorts mal als zahnloser Papiertiger, mal als alles regulierendes Bürokratenmonster wahrgenommen wird, bräuchte dringend ein Idol, das ihr zu neuem Ansehen verhilft. Mit der Wahl des belgischen Premierministers zum EU-Präsidenten und der britischen EU-Handelskommissarin zur Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Aussen- und Sicherheitspolitik haben es die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten verpasst, der Europaidee Identifikation stiftende Gesichter zu geben.

Und doch lassen sich dem Personalentscheid positive Seiten abgewinnen. Mit dem 62-jährigen Christdemokraten van Rompuy wurde ein ausgewiesener Konsenspolitiker auf den Stuhl des EU-Präsidenten gehoben. Dessen Funktion ist es, den Europäischen Rat, die Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs, zu leiten. Er ist auf zweieinhalb Jahre gewählt, was den Gipfeltreffen, die bisher alle sechs Monate von jemand anders präsidiert wurden, mehr Kontinuität verleiht. Der EU-Präsident hat keine leichte Aufgabe, gilt es doch verschiedene Staats- und Regierungschefs mit starken Egos auf eine Linie zu bringen. Zudem gilt es zu vermitteln zwischen grossen und kleinen, armen und reichen, alten und neuen, südlichen und nördlichen, integrationsfreundlichen und integrationsskeptischen Mitgliedstaaten. Van Rompuy hat im verfahrenen belgischen Sprachstreit gezeigt, dass er ein guter Kompromisseschmied ist. Der Flame ist zudem ein Vertreter der kleinen EU-Länder, der deren Abneigung gegen machtpolitisches Gehabe der „Grossen“ zu berücksichtigen weiss. Van Rompuys Herkunft aus einem föderalistisch organisierten EU-Staat lässt auch erwarten, dass er sich gegen überbordende Zentralisierungstendenzen einsetzen wird.

Mit der Wahl der 53-jährigen Labour-Politikerin Ashton in das Amt der EU-Chefdiplomatin wurde dagegen eine Vertreterin eines grossen EU-Landes auf den anderen Spitzenposten der Europäischen Union berufen. Die delikate Machtbalance zwischen gross und klein und zwischen links und rechts in der EU wurde damit gewahrt. Zudem erhält endlich einmal eine Frau einen europäischen Top-Job. Mit Ashton wurde zudem das widerspengstige Grossbritannien stärker in die Europäische Union eingebunden. Das dürfte es den Konservativen, die bei den bald anstehenden Wahlen aller Voraussicht nach den Sieg davon tragen werden, schwieriger machen, einen prononciert EU-feindlichen Kurs in der Europapolitik zu fahren, wenn sie die Regierungsgeschäfte auf der Insel übernehmen.

Quelle: Europäische Kommission, 20. November 2009



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