Martin Gollmer
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Themen - Journalismus & Medien


16-04-2010 | Tamedia erobert Vorherrschaft im ZĂĽrcher Zeitungsmarkt


In einem Tauschhandel tritt Tamedia der Neuen Zürcher Zeitung die „Thurgauer Zeitung“ ab und erhält dafür deren Beteiligungen an drei zürcherischen Landzeitungen. Die Frage ist, was nun mit den Regionalausgaben des „Tages-Anzeigers“ geschieht.

Dem Medienkonzern Tamedia ist ein Coup gelungen: Durch einen Tauschhandel mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) erhält er die lange angestrebte Vorherrschaft im Kanton Zürich. Die Tamedia tritt der NZZ die „Thurgauer Zeitung“ ab. Diese soll ins Kopfblattsystem des von der NZZ beherrschten „St.Galler Tagblatts“ eingegliedert werden. Dieses dominiert damit in Zukunft den ostschweizerischen Zeitungsmarkt. Die Tamedia erhält im Gegenzug von der NZZ deren Beteiligungen an den Zürcher Landzeitungen: 40% an der „Zürichsee Zeitung“ (die restlichen 60% tritt die Verlegerfamilie Gut ab), 38% am „Zürcher Oberländer“ und 100% am „Zürcher Unterländer“. Tamedia plant, diese Blätter als starke Regionalzeitungen zu erhalten und in einen Verbund mit dem Winterthurer „Landboten“ (Tamedia-Beteiligung: 20%) und den „Schaffhauser Nachrichten“ (keine Tamedia-Beteiligung) einzubringen.

Der Tauschhandel ist ein persönlicher Erfolg von Tamedia-CEO Martin Kall. Schon zum zweiten Mal ist damit seine Strategie aufgegangen, mit Kampfblättern unliebsame Konkurrenten in die Knie zu zwingen. Zum ersten Mal gelang ihm dies im Fall des Pendlerblatts „.ch“, gegen das er „News“ lancierte. „.ch“ kam in der Folge nie richtig vom Fleck und wurde wieder eingestellt. Dann nahm sich Kall die erwähnten Zürcher Landzeitungen vor. Gegen sie liess er den um Regionalausgaben erweiterten „Tages-Anzeiger“ auffahren. Der jetzt erfolgte Tauschhandel mit der NZZ ist das Resultat dieser Kampfansage.

Die Tamedia liess sich diese Strategie Millionen kosten. Die Frage ist jetzt, was mit den mit viel Geld aufgebauten Regionalausgaben des „Tages-Anzeigers“ geschieht. Tamedia-Verantwortliche haben zwar erklärt, diese weiterführen zu wollen. Als Vorbild nennen sie den Zeitungsmarkt Bern, wo mit „Berner Zeitung“ und „Bund“ ebenfalls zwei von Tamedia beherrschte Blätter im Wettbewerb zueinander stehen. Es gibt aber auch das Beispiel des Pendlerzeitungsmarktes. In diesem Fall stellte Tamedia das Kampfblatt „News“ einige Zeit nach dem Untergang des Konkurrenten „.ch“ ein. Übrig blieb allein „20 Minuten“, ebenfalls in Besitz der Tamedia. In der Westschweiz geschah dasselbe. Nachdem Tamedia die schweizerischen Aktivitäten von Edipresse übernommen hatte, liess sie deren „Matin bleu“ zugunsten der eigenen „20 minutes“ untergehen.

Das zeigt, dass Tamedia nicht davor zurückschreckt, Zeitungen einzustellen, wenn es die wirtschaftlichen Gegebenheiten erfordern. Genau solche wirtschaftliche Überlegungen könnten nun auch den Regionalausgaben des „Tages-Anzeigers“ zum Verhängnis werden. An der Medienkonferenz, an der der Tauschhandel mit der NZZ vorgestellt wurde, sagte Tamedia-CEO Kall nämlich auch: „Die Suche nach Einsparpotenzialen in allen Unternehmensbereichen mit Schwerpunkt Zeitungen und Zeitschriften muss angesichts des [wegen des schwierigen Werbeumfeldes] erwarteten Umsatzrückganges auch im laufenden Jahr fortgesetzt werden.“



Website der Tamedia AG