Martin Gollmer
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Themen - Journalismus & Medien


01-02-2013 | Medienkonzentration verringert Pressefreiheit


Die Schweiz ist auf der Rangliste der Pressefreiheit 2012 der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen sechs Ränge abgerutscht.

Zu den Verlierern auf der Rangliste der Pressefreiheit 2012 gehört die Schweiz. Neu rangiert die Eidgenossenschaft hinter Estland, Österreich und Jamaika an 14. Stelle - damit hat sie gegenüber dem Vorjahr sechs Plätze verloren. Zwei Plätze erklären sich durch die Aufnahme zweier europäischer Länder ins Ranking von Reporter ohne Grenzen (ROG): Erstmals gelistet sind Andorra auf Platz fünf und Liechtenstein, das an siebter Stelle zu stehen kommt.

Zu den weiteren Gründen für den Verlust nahm die ROG-Koordination Deutschschweiz, Bettina Büsser, am Mittwoch in einer Medienmitteilung Stellung. Bemängelt werden insbesondere fünf Punkte: Medienkonzentration, Konvergenz, Arbeitsbedingungen, mangelnde Zugänglichkeit von Ämtern und Behörden sowie Einfluss von Lobbyisten und Rechtsvertretern auf Redaktionen.

Der Prozess der Konzentration im Printbereich mit Mantelausgaben und Zusammenarbeiten zwischen Redaktionen sei, vor allem auf Ebene der Regionalzeitungen, weiterhin im Gange. Dabei verringere sich die Stimmenvielfalt. «Informationsfreiheit», meint ROG, «bedeutet auch die Möglichkeit, möglichst viele verschiedene Stimmen zu hören und zu lesen.»

Zum gleichen Resultat führe die Konvergenz, also die Zusammenlegung von Print- und Onlineredaktionen. Nicht nur würden dadurch «aus dem Potenzial von zwei Stimmen nun eine», auch sei «mit der Konvergenz oft ein Stellenabbau verbunden, was für die Medienschaffenden mehr Arbeit und mehr Stress bedeuten kann».

Bezüglich der Arbeitsbedingungen bemängeln die Experten von ROG ausserdem, dass im Bereich Print in der Deutschschweiz kein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) existiert und dass dieser in der Romandie durch den Verlegerverband gekündigt worden ist.

Nicht zum Besten steht es in der Schweiz laut ROG ausserdem mit der Zugänglichkeit zu amtlichen Informationen: «Zwar kennen die meisten Kantone ein Gesetz, das das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung festlegt, doch ein Teil der Kantone und Gemeinden funktioniert noch nach dem Geheimhaltungsprinzip, was den Einblick von Medienschaffenden (und normalen Bürgern) in die Akten unmöglich oder zumindest sehr schwierig macht», so die Presseorganisation.

Zudem wĂĽrden das 2006 in Kraft getretene Bundesgesetz ĂĽber das Ă–ffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGĂ–) und die entsprechende Verordnung (VBGĂ–) wichtige Bereiche wie die Nationalbank, das Parlament oder die Bankenkommission ausklammern.

Schliesslich komme es «immer wieder vor, dass Interessenvertreter und Anwälte im Auftrag von Gruppen, Unternehmen oder Einzelpersonen Druck auf Redaktionen ausüben und Klagen androhen, manchmal schon bevor eine Geschichte veröffentlicht wird». Dies könne zu einer Art vorauseilender Selbstzensur auf den Redaktionen führen, was gerade in Zeiten knapper werdender Werbeeinnahmen ein besonderes Risiko darstelle, warnt ROG.

Grundlage der Rangliste der Pressefreiheit ist eine Erhebung unter inländischen Fachleuten wie Medienschaffenden oder Medienrechtlern nach einem fixen Raster, wobei das Rating immer auch einem Vergleich des Landes mit der eigenen Situation im Vorjahr entspricht. Die punktemässigen Unterschiede zwischen den ersten Rängen, betont ROG, seien «oft sehr klein»: «Den ersten und den 14. Platz trennen keine Welten.»

Text: Klein Report