Martin Gollmer
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Themen - Journalismus & Medien


22-05-2012 | Internet als mediale Vielzweckinfrastruktur


E-Mail ist die am weistesten verbreitete Internetapplikation - Rund die Hälfte der Internet-Nutzer verwendet soziale Online-Netzwerke - Die Internetnutzung zu Inforamtionszwecken geschieht häufiger als die Nutzung zu Unterhaltungszwecken: Das sind wichtige Ergebnisse aus einer Untersuchung der Universität Zürich zu Internetanwendungen und deren Nutzung in der Schweiz.

Das Internet hat sich in der Schweiz als mediale Vielzweckinfrastruktur etabliert. E-Mail ist die am weitesten verbreitete Internet-Applikation. Auch Suchmaschinen, die Nachrichtensuche, der Besuch von Videoportalen und Online-Lexika sowie das allgemeine Surfen im Web gehören für viele Internet-Nutzer zur täglichen Routine. Entsprechende Anwendungen werden auch unterwegs/mobil vergleichsweise stark genutzt. E-Commerce-Angebote und Transaktionsdienste haben inzwischen ebenfalls einen weiten Nutzerkreis. Fast zwei Drittel der Schweizer Internet-Nutzer kaufen online ein und nutzen E-Banking. Bei E-Commerce-Angeboten ist die tägliche und mobile Nutzung (M-Commerce) jedoch vergleichsweise gering.

Bemerkenswert ist, dass beinahe ein Drittel der Internet-Nutzer das Internet zu Hause für berufliche Zwecke einsetzt und mehr als ein Fünftel der Zeit vor dem «Heim»-Computer für berufliche Zwecke verwendet wird.

Jeder zweite Internet-Nutzer (54%) verwendet soziale Online-Netzwerke, aber der Kreis der Heavy User ist überschaubar: Nur 18% der Internet-Nutzer loggen sich täglich in soziale Online-Netzwerke ein. 14% machen zumindest wöchentliche Status-updates. Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz damit nicht im absoluten Spitzenfeld. Im Vergleich zu anderen Internet-Anwendungen werden Interaktionsangebote wie soziale Online-Netzwerke jedoch mobil vergleichsweise stark genutzt.

Nutzerfreundliche Web-2.0-Applikationen haben die technischen Barrieren fĂĽr die aktive Produktion von Inhalten deutlich gesenkt. Heute verbreiten ĂĽber eine Million Menschen in der Schweiz ihre eigenen Inhalte. Insgesamt werden aktive Anwendungen zur Produktion und Verbreitung von Inhalten jedoch deutlich weniger genutzt als passive Konsumangebote. FĂĽr die meisten kreativen Anwendungen gilt, dass sie derzeit von maximal einem Drittel der Internet-Nutzer angewendet werden, mit einer Ausnahme: 59% laden Fotos hoch.

Die Internet-Nutzung zu Informationszwecken ist weiter verbreitet als die Nutzung zu Unterhaltungszwecken. Vor allem Nachrichtenangebote werden im Internet sehr stark genutzt. Insgesamt drei Viertel der Internet-Nutzer suchen nach lokalen, nationalen und internationalen Nachrichten. 27% tun dies täglich und mehr als die Hälfte (53%) der Nutzer von mobilem Internet suchen Nachrichten unterwegs. Trotzdem ist der Anteil jener Internet-Nutzer, die keine gedruckten Zeitungen mehr lesen mit 6% sehr gering. 83% der Internet-Nutzer geben an, regelmässig Tageszeitungen zu lesen, davon nur 8% ausschliesslich online. 7% der Zeitung lesenden Internet-Nutzer haben schon einmal ein Zeitungsabonnement nur deshalb gekündigt, weil sie Zeitungen auch im Internet lesen können. In den USA liegt der Anteil mit 25% deutlich höher.

Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen einige sozio-demographische Bruchlinien der Internet-Nutzung. Vor allem Interaktionsanwendungen sind unter jüngeren Nutzern deutlich stärker verbreitet als unter älteren. Die stärksten Nutzungsunterschiede zwischen alt und jung zeigen sich bei sozialen Online-Netzwerken. Auch die Internet-Nutzung zur Produktion eigener Inhalte und zur digitalen Rekreation findet bei jüngeren Nutzern stärkeren Zuspruch. Demgegenüber werden E-Commerce-Angebote von älteren Nutzern stärker verwendet. Auch höher gebildete Nutzer machen Alltagserledigungen wie Banktransaktionen und Einkäufe oft elektronisch. Zudem zeigen sich Differenzen in der Verbreitung von Rekreations- und Informationsanwendungen. Unterhaltende Angebote sind unter niedriger Gebildeten stärker verbreitet, Informationsanwendungen unter höher Gebildeten.

Das World Internet Project ist ein internationales, kollaboratives Wissenschafts-Projekt, das seit 1999 die Verbreitung und Nutzung des Internet im internationalen Vergleich erfasst. Die Schweiz hat 2011 mit dem World Internet Project – Switzerland (WIP-CH) erstmals am WIP teilgenommen und die Schweizer Bevölkerung zu ihrer Internet-Nutzung und ihren Einstellungen zum Internet befragt. Die Ergebnisse der Untersuchung werden als Themenberichte veröffentlicht. Diese widmen sich der Internet-Verbreitung und digitalen Bruchlinien in der Schweiz, dem Vertrauen und den Sorgen der Schweizer Bevölkerung bei der Internet-Nutzung und dem Thema Internet und Politik. Der neu vorliegende Bericht liefert Ergebnisse zu Internetanwendungen und deren Nutzung in der Schweiz.

Das WIP-CH-Projekt wird von der Abteilung «Medienwandel & Innovation» (http://www.mediachange.ch/), des IPMZ – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich unter der Leitung von Prof. Michael Latzer durchgeführt. Weitere Mitglieder des Projektteams sind: Natascha Just, Sulkhan Metreveli und Florian Saurwein. Das WIP-CH-Projekt wird vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) und vom Dekanat der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich unterstützt.



Themenbericht zu Internetanwendungen und deren Nutzung in der Schweiz