Martin Gollmer
source : europa-zuerich.jpg source : europa-berlin.jpg source : europa-wegweiser.jpg source : europa-rom.jpg source : europa-stockholm.jpg

Themen - Schweiz / Europa


01-05-2012 | Was der Euro zum Ãœberleben braucht


Die Europäische Union sei kein idealer Währungsraum. Notwendig seien viel weiter gehende, tiefgreifende politische und wirtschaftliche Integrationsschritte. Ansonsten werde die Einheitswährung Euro auf Dauer wohl nicht überleben. Das schreibt der bekannte Harvard-Professor Kenneth Rogoff in einem Artikel in der „Finanz und Wirtschaft“.

Es ist „mittlerweile zunehmend klar geworden, dass Währungsräume – zumindest für grosse Länder – höchst unstabil sind, wenn sie nicht nationalen Grenzen folgen. Eine Minimalanforderung ist ein Staatenbund mit viel stärker zentralisierten Befugnissen hinsichtlich Steuererhebung und anderen Kompetenzen, als dies europäische Spitzenpolitiker für die Eurozone fordern.“

In der Theorie optimaler Währungsräume von Robert Mundell wird argumentiert, „dass ein derartiger Raum es sich leisten könne, auf die ausgleichenden Mechanismen der Wechselkursanpassung zu verzichten, solange die Arbeitskräfte innerhalb eines Währungsraums frei dorthin ziehen können, wo es Arbeit gibt.“ (...) Wenn die Arbeitskräftemobilität in die Nähe dieses theoretischen Ideals käme, „hätten wir heute in Spanien keine Arbeitslosigkeit von 25%, während sie in Deutschland unter 7% liegt.“

„Später erkannten verschiedene Ökonomen, dass es andere entscheidende Kriterien für eine erfolgreiche Währungsunion gibt, die aber ohne eine tiefe politische Union schwierig zu erreichen sind. Eine Währungsunion, die ohne die Stossdämpferwirkung von Wechselkursschwankungen auskommen muss, benötigt erhebliche Fiskaltransfers zur Risikoteilung. In einem normalen Land ist das nationale Lohn- und Einkommenssteuersystem ein riesiger automatischer Stabilisator zwischen den Regionen des Landes.“

„Später wies Maurice Obstfeld daraufhin, dass eine Währungsunion zusätzlich zu Fiskaltransfers klar definierte Regeln für den Kreditgeber letzter Instanz benötigt. Andernfalls würden Bankruns und Schuldenpanik um sich greifen. Obstfeld hatte dabei Rettungsmechanismen für Banken im Sinn, aber mittlerweile ist allen klar, dass es auch eines Kreditgebers letzter Instanz und eines Konkursmechanismus für Staaten und Stadtgemeinden bedarf.“

„Eine logische Folge ist, dass eine Währungsunion nicht ohne politische Legitimation bestehen kann, zu der auch regionenübergreifende Wahlen zählen. Die europäischen Spitzenpolitiker werden die riesigen Transfers zwischen den verschiedenen Ländern nicht langfristig ohne einheitliche politische Rahmenbedingungen in Europa aufrechterhalten können.“

„Aus Europa wird vielleicht nie ein den Normen entsprechender ‚optimaler’ Währungsraum. Aber ohne weiter gehende, tiefgreifende politische und wirtschaftliche Integration – die möglicherweise nicht alle gegenwärtigen Eurozonenmitglieder einschliesst – könnte es der Euro im schlimmsten Fall nicht einmal bis zum Ende des Jahrzehnts schaffen.“